Köln, 1. November 2020 – Dirk Iserlohe, Vorstand der HONESTIS AG, zu der die Dorint Hotelgruppe (62 Hotels & Resorts, circa 4.500 Mitarbeiter) gehört, ist wie die meisten Hoteliers und Gastronomen geschockt über den ab 2. November 2020 geltenden neuen Lockdown. Wieder ist es das Gastgewerbe, das nachhaltig wirtschaftlich belastet wird. In seinem inzwischen 20. Brief an die Bundeskanzlerin, Minister und Bundespolitiker, zeigt er einmal mehr sein Unverständnis über die kaum nachvollziehbaren Maßnahmen: „Warum dürfen meine Mitarbeiter in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen Risikogebieten und der Arbeitsstätte pendeln und ein Einzelreisender darf für seine Exerzitien oder zu seiner Entspannung nicht in einem Hotel übernachten?“
Sonderopfer, obwohl sich keiner bei Dorint infizierte: Der Familienunternehmer fragt sich schon länger, ob das die Richtlinien sind, die nachhaltig die erschreckend hohen Infektionszahlen mindern können. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und bekundet, dass ihn das geringe Fingerspitzengefühl in Hinblick auf die knallharten Maßnahmen für eine Branche mit über 2,4 Millionen Arbeitnehmern sprachlos macht. „Unsere Branche hat in den letzten Monaten enorme Investitionen in Hygiene- und Sicherheitskonzepte geleistet und sich strikt darangehalten. Bei uns hat sich in den Hotels bisher nachweislich niemand infiziert. Auch nach Aussage des Robert Koch Institutes sind eher geringe Infektionsrisiken in Hotels und Gaststätten bemerkt worden“, so der Dorint Aufsichtsratsvorsitzende.
Dirk Iserlohe empfindet die Entscheidungen der Kanzlerin, ihres Kabinetts und der Länderchefs nicht zielführend, unangemessen und diskreditierend. Er ist darüber hinaus enttäuscht, dass die bereits im Sommer von den Virologen prognostizierte Entwicklung der Fallzahlen nicht direkt zum Anlass genommen worden ist, vorsorglich maßgeschneiderte Hilfskonzepte für die Branchen zu entwickeln, von denen jetzt wieder Sonderopfer verlangt werden. Unausgegorene Hilfsversprechen von Finanzminister Olaf Scholz, die nicht definiert sind, Hinweise seitens der Kanzlerin, dass die Bundesregierung sowohl auf das EU-Beihilfeverbot achten muss, als auch die offenen Fragen für alle, die nicht zu den Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMUs) gehören, sind ernüchternd und beängstigend zugleich. Die Dorint Geschäftsführung muss also bereits am 2. November 2020 die meisten Mitarbeiter wieder in die Kurzarbeit zurückschicken und das mit welcher Perspektive?
Gesetzliche Klarstellungen zur Selbsthilfe sind nötig: Dirk Iserlohe spricht in seinem Schreiben an Frau Dr. Merkel konkret an, dass die Regierung wenigstens Klarstellungen treffen sollte, um das Schlimmste zu verhindern. Hierzu gehören: (i) Ordentlich und aus Gründen der Gerechtigkeit festzustellen, dass die Corona-Verordnungen auf Basis des § 16 Infektionsschutzgesetz (IfSG) erlassen worden sind und nicht fälschlicherweise pauschal nach § 28 IfSG. Hier verweist Iserlohe darauf, dass dieser Paragraf nur in Fällen wie bei der Unternehmensgruppe Tönnies anwendbar ist. Hingegen ermächtigt der § 16 IfSG die Länder wegen einer drohenden Gefahr Allgemeinverfügungen zu treffen. (ii) Die überfällige Klarstellung zur Störung der Geschäftsgrundlage, die in Artikel 240 des EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) für die Dauer der Pandemie aufgenommen werden könnte. (iii) Zurzeit überlässt die Regierung es der Legislative, wie der darwinistische Kampf zwischen Verpächter und Pächter ausgeht. (iv) Auch stünde es der Regierung gut, in Analogie zum Verbraucherkredit (vgl. § 3 des Artikel 240 EGBGB) auch den Finanzierern aufzuerlegen, dass bei unverschuldeten Engpässen die Kapitaldienstraten bei gewerblichen Krediten an das Ende der Laufzeit prolongiert werden. Die Bankenkrise ist sonst 2022 vorprogrammiert. (v) Und schließlich sollte der § 19 Insolvenzordnung aufgehoben werden, um die zu erwartende riesige Insolvenzwelle im kommenden Jahr zu verhindern. Der Überschuldungstatbestand als Insolvenzgrund ist wettbewerbsverzerrend und wirkt gegen den Gläubigerschutz. Oder will der Staat seine Überbrückungshilfen nicht zurückbekommen?
Beihilferechtlich legale Zuschüsse gemindert durch die Klarstellung des § 313 BGB und abgesichert durch den Wegfall des § 19 InsO: Deutlich fairer wäre es allerdings ohne Abzüge von – nicht in der gleichen Periode zugewiesenen – Fördermitteln die Umsatzdifferenz des Vergleichsmonat 2019 zu 2020 zu erstatten. Dies wäre aufgrund der Aussage der europäischen Kommission in Bezug auf den Artikel 107 II b) AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) nicht nur legitim, sondern auch legal. Würde man den § 313 BGB (vgl. ii) die Störung der Geschäftsgrundlage für Miet- und Pachträume während der Pandemie klar- und feststellen, würde sich dieser Zuschuss um den Verpächter-Anteil reduzieren.